Interview mit Ricarda

"Ick heisse Ricarda, bin 16 Jahre alt, wohne in Friedrichshain und bin Schuelerin.Ick bin mit meinen Eltern zusammen uffjewachsen mit meiner Schwester bei meinen Eltern. Ick hatte damals allet jekriegt, wat ick wollte och Tiere...
Ick hatte ‘n Meerschweinchen, viele Voegel hatten wa damals, Wellensittiche. Ja ‘n Hund hat ick schon damals, ‘n Hamster und ‘ne Katze und jetzt noch ‘n Hund..."



"Kindheitserlebnisse"

"Also ick bin aus der Schule jekommen, aus dem Hort, ick war damals in der ersten Klasse, und dit war in der Herbst-Winterzeit. Da war dit ziemlich dunkel immer. Vor unserer Schule hatten wa ‘n Spielplatz, da bin ick dann noch spielen jewesen und hab mit der Eingangstuer von dem Spielplatz immer so rumjespielt. Ick hab die zujetreten, denn is die zurueckjeflogen, denn kam se wieder nach vorne, denn hab ick wieder jetreten. Da sass die janze Zeit so’n Mann uff so ‘ne Steine und hat mich beobachtet. Also ick hab irgendwo jedacht, der wartet uff’n Kind. Denn kam er uff mich zu und meinte zu mir: ‘Na, sag mal, wer soll denn die Tuer jetzt bezahlen, wenn die kaputt ist?’ Ick hab versucht, irgendwie wegzugehen, da hielt er mich am Rucksack fest und meinte: ‘Komm mal mit! Ick jeb Dir dit Geld.’ Ick wollte immer wegrennen, aber dit jing nich. Denn kam die Mutter von meiner besten Freundin und die fragte: ‘Na, gibt’s irgendwie ‘n Problem?’ ‘Nee, nee, ist meine Nichte.’ Und ick wusste in dem Moment wirklich nicht, was ick sagen sollte und da ist die auch weiterjegangen.

Naja, ick weess nich, also... hm... naja, also ick war dann... der hat mich dann irgendwie mitgenommen in so’n Keller und naja, also es war ziemlich dunkel und jetzt weess ick, jetzt in meinem Alter weess ick, wat er mit mir jemacht hat...

Spaeter hat er sich dann irgendwie seine Hose ausjezogen und denn sollt ick dem einen runterholen. Irgendwie kam da aber ‘ne Frau, die wollte Kohlen holen - glaub ick - denn is er wegjerannt und die Frau, die, also ick hab tierisch jeweint und denn kam die runter zu mir, hat gefragt und denn hab ick dit eben so gesagt...

Ick bin aus dem Keller erstmal raus, und denn kam noch ‘ne Frau und die hat mich dann mit zu sich nach oben genommen und da haben wa die Polizei anjerufen und da musste ick dann abends noch erst lange mit dem Polizeiwagen rumfahren, haben mich dann auch urst viele Fragen gefragt. Denn war ick och erst janz spaet zu Hause und seit dem bin ick irgendwie das Nesthaekchen zu Hause, also meene Eltern haben tierische Angst.

Ick hab nich das jesagt, was ick wusste, also ick hatte irgendwo Angst jehabt, dass ick den Fehler jemacht hab und da hab ick irgendwie einiges verschwiegen jehabt vor der Polizei. Na, ick hab nur jesagt, der war mit mir im Keller und hat mich anjefasst und so, aber ick hab nich jesagt, was er da mit mir jemacht hat, hab ick mich einfach nich jetraut, weil ick hab jedacht, ick hab was falsch jemacht...



"Schulzeit"

Naja, ick bin schon immer so’n Typ, der sagt, was er denkt und dit war damals och bei de Lehrer so jewesen, also, wenn die irgendwie so Sprueche jemacht haben, dann war ick halt immer besser als die. Na die kamen sich dann manchmal ein bisschen verarscht vor von mir, obwohl ick damals erst erste, zweete Klasse war, war dit schon immer so jewesen. Ick war irgendwie so der Spassmacher. Dit is immer noch so, wenn irgendwelche Sprueche fallen, dass ick denn mein Kommentar dazu jebe. Da bin ick mal mit ‘ner Westtuete in der Schule rumgelaufen, weil ick ja nicht wusste, wo ick mein Sportzeug reinmachen sollte. Da ist mir die Direktorin durchs ganze Schulgebaeude hinterherjerannt und ick wusste nicht, wat ick falsch jemacht hatte. Also, ick bin immer vor der wegjerannt und sie immer hinterher wie ‘ne ’Eins’ und ick wusst nicht, wat ick an mir hatte, wat die hinter mir herjezogen hat.Weil meen Opa war frueher oefter im Intershop und da hat er immer Tueten mitjebracht. Und ick fand die dann janz toll die Tueten. Die hab ick och jesammelt. Die hat mir die Tuete dann wegjerissen und hat meine Sportsachen uff ‘m Boden plaziert und die duerft ick dann in ‘ne Mappe stecken. Die Tuete hab ick dann nie wiederjesehen.



"Pionierzeit"

Oh... naja... also hm... ick weess nur noch, dass wa Fahnenappell rejelmaessig hatten und denn halt alle jestriegelt dastehen mussten mit unserm blauen Tuch oder mit dem roten, wat wir gerade hatten, dass dit damals tierisch schlimm war. Ja, dit war damals och so extrem, Eltern-Hausbesuch, wenn dit jeklingelt hat, denn "schnell, schnell umschalten, mach Osten rin" - so nachdem Motto war dit immer jewesen."Verhaeltnis zu Eltern und Geschwistern damals und heute Ja, naja, irgendwie hat ick so’n Gefuehl, dass ick so’n Nesthaekchen, eben halt die juengste bin, ick glob schon, dass bei mir irgendwie mehr uffjepasst wird. Also bei meiner Schwester ist dit nicht so, dass man jesagt hat ‘na dann und dann biste zu Hause’. Das Verhaeltnis zu meiner Schwester war frueher janz schlimm, also wir ham uns oefters in ‘ne Haare jehabt.Frueher war ick so eene, die hat jerne Dreck jemacht und ick hab och viel gebaut und ick hab mir damals ‘n elektrischen Baukasten jewuenscht und denn hab ick mir aus dem kleenen Motor, der da drinne war in dem Kasten, hab ick mir denn ‘ne Toepferwerkstatt und so war jebaut, also ick war irgendwo total versponnen damals jewesen. Ick hatte viel Phantasie und so - dit haben meine Eltern och jesagt und ick hab jerne in den Schraenken jespielt und jeguckt, wat ick so finde und wat ick denn wieder brauchen kann. Damals hatten wa uns viel jestritten, aber jetzt - seitdem sie ausjezogen ist, habn wa eigentlich ‘n janz jutes Verhaeltnis.

Also, einsam war ick nicht, weil ick hatte viele Freundinnen, och schon damals und naja, also ick hab ‘ne schoene Kindheit jehabt, weil mir fiel immer Neues ein, weil ick halt so’n Typ bin, der naja viel Phantasie hat.



"Freundschaften und Spielgewohnheiten"

Ja also im Kinderjarten, da hatte ick ‘ne Freundin - die hiess Meike. Ick hab oefters och mit Jungs zusammenjespielt.

Wir haben viel jebuddelt und waren uff’m Indianerspielplatz - so wat hatten wa och, ‘ne grosse Wiese hatten wa och, naja und denn halt’n janz normalet Kletterjeruest. Den einen, den treff ick manchmal noch."



"Freundinnen"

"Meike, die ist dann damals schon zur Kinderjartenzeit mit ihrer Mutter irgendwie an die Ostsee gezogen.

Spaeter in der Schule, hab ick dann durch ‘n janz komischen Zufall ‘ne Freundin wiederjetroffen, die hiess Hanna. Naja - dit war janz komisch gewesen, ick bin mit meiner Schwester mit dem Hund rausgegangen und die stand so jegenueber uff der anderen Strassenseite und wir haben uns anjeguckt und wir wussten irgendwo, dass wa uns kannten und dann kam dit irgendwie raus, dass wa zusammen in der Kinderkrippe waren.

Oh wir haben viel zusammen jemacht. Also wir sind nach der Schule oefter viel Fahrrad jefahren und an unserer Schule hatten wa och’n Aprikosenbaum und den haben wa denn oefter mal jepluendert und eines Tages wurden wa och dabei erwischt und da kam denn so’n alter Mann mit ‘nem Stock raus und der wollte uns dann von dem Baum runterholen ja und - dit war janz schlimm - und wir sind immer weiter nach oben jeklettert und der Alte hat sich denn nach ‘ner Weile wieder verzogen und wir sind wieder runter und da meinte sie nach ‘ner Weile: ‘Also ick muss Dir wat erzaehlen.’ Und icke: Ja, Hanna - ick Dir och. ‘Ja, ick hab in die Hosen jepullert.’ Ja und da hatten wir uns also beede in ‘ne Hosen jepullert und da haben wa uns denn totjelacht.Also beste Freundinnen hab ick eigentlich fast zwei, die eine, die seh’ ick naja vielleicht einmal die Woche, weil die halt’n Sport hat, der sie zwingt dazu, irgendwo ins Internat zu gehen...

Und die andere, die geht in meine Klasse und die ist zwei Jahre juenger wie ick, naja und mit der unterhalt ick mich auch und mach manchmal also am Wochenende freitags und sonnabends halt ‘ne Menge mit ihr. Also wir geh’n ins Kino oder in die Disco oder sowas.

Wichtig ist mir, dass sie mich verstehen und dass sie nicht falsch oder hinterhaeltig sind oder bloede rumlabern oder was rumtratschen. Naja frueher, da war dit halt so gewesen, dass man wenn man einer was erzaehlt hat, denn kam es woanders wieder raus und das hatte sich denn ganz anders angehoert, wie man das wirklich gesagt hat. Irgendwie kam dit vor, dass Zweie sich gegenseitig ausgespannt haben und ‘ne Dritte in die Beziehung reinkam."



"Der erste Freund"

" ...dit erste richtige - da war ick vierzehn und dit war in Ungarn im Ferienlager und der Typ, der war zwee Jahre aelter als icke. Wir ham uns wunderbar verstanden, also wir ham viel miteinander jemacht und so. Ick war och total verschossen in den, und eines Tages, da fragte er denn so draussen vorm Bungalow, ick solle mal meine Freundin fragen, ob die mit ihm gehen will. Dit war der totale Schock fuer mich. Ich bin denn erstmal in Bungalow rinjerannt und hab denn erstmal tierisch abjeheult. Meine Freundin meinte aber zu mir, ne, ne und sie will nichts von ihm und da bin ick raus und hab mich draussen uff die Bank jesetzt und tierisch jeheult wie ‘ne ‘Kaputte’ - also so schlimm war dit noch nie, so doll hat’ ick noch nie jeheult..."



"Das erste Mal"

" Ja, also, mit sechzehn. Ick bin schon viele Jahre mit dem zusammen und dit war irgendwo nicht so, wie ick mir dit vorjestellt hatte, weil dit tat doch janz schoen weh. Ick nehm die Pille seit 3 Monaten.

Da war ick mit meiner Freundin beim Frauenarzt jewesen und dit war och tierisch lustig, wir hatten tierisch abgegackert und wir sassen dann halt in dem Wartezimmer und da sassen och so alte Frauen. Da ham wa uns och schon jefragt, warum die da sind, weil die muessen doch schon laengst in ihren Wechseljahren jewesen sein. Wir ham halt total abjegackert.

Naja, ... Aufklaerung, dit hatten wa in der Schule jehabt in der siebten Klasse, weil ick war uff’m Biologiegymnasium und da hatten wa denn och so ‘ne Tante, die kam da eenes Tages vorbei und die hat uns denn mit Heftchen und dem, wat sie wusste uffjeklaert, ja. Eifersucht, oh ja, dit is schlimm bei mir. Ick hab da schon irgendwo mein kleen Hass, der in mir drinne liegt, der mich dazu anstachelt..."



"Freizeit"

" Naja, zu Hause ist es tierisch langweilig, Fernsehgucken ist nicht so mein Ding. Ansonsten bin ick halt hier im Club oder in der Disko - am Wochenende, oder bei meiner Schwester."



"Selbstbild"

"Naja, also ick bin lustig, Phantasie hab ick, versponnen irgendwo och. An mir selber auszusetzen hab ick eigentlich nichts. Ick nehm mich so, wie ick bin und sage, wat ick denke und ick lass mir von keenem irgendwie den Mund verbieten. Wenn ick irgendwo ‘n Problem habe, denn bruell ick dit durch die Jegend - sagen wa mal so - also ick fress nichts in mir rin oder so."



"Klamotten"

" Klamotten muessen halt jetzt schon irgendwie ‘Markenklamotten’ sein, die ‘n bisschen nach wat aussehen. Wenn man heutzutage keene Markenklamotten hat, naja denn steht man so’n bisschen abseits, find icke. Man muss schon den andern Leuten ‘n bisschen gefallen.Naja, ick meine, man sieht doch, wat andere so heute tragen und och wenn man jetze weess ick wat fuer Klamotten anhaette und man kann sich dit nicht leisten, dann wuerde man lieber ‘n bisschen mehr Geld haben wollen und sich die Sachen kaufen, die andere tragen, als wenn man rumlaeuft wie so ‘n kleener Penner, find icke."